Gemeinsam leben lernen

Im Namen von Dir. Helmut Abl möchten wir hier skizzieren, was ein kleines Team an Freiwilligen in dieser Woche während des ersten Treffens mit unbegleiteten jugendlichen Flüchtlingen gemacht hat.
Direktor Abl begrüßte gemeinsam mit den Professoren Bitschnau, Kaufmann,  Kefer, Schacherl und einigen hoch motivierten Schüler_innen aus den Klassen 7na, 8ma und 6ma am Mittwoch, dem 4.11.2015, zwölf Flüchtlinge und ihre Betreuerin Annett Böttner in der Bibliothek unserer Schule.

Die Flüchtlinge kommen zum Großteil aus Afghanistan, es sind aber auch Syrer, ein Iraner und eine Ukrainerin dabei. Sie sprechen Farsi, Arabisch, Russisch und teilweise auch Englisch, sind aber bisher um jede Form der Sprachförderung umgefallen und haben auch keinen Platz in der Jugendbetreuung der Caritas gefunden, weswegen sie mit den Erwachsenen in Schruns, Vandans und Bludenz untergebracht sind.

Hier möchten wir ansetzen: Durch Kontakte mit österreichischen Gleichaltrigen sollen sie mit dem Alltag in unserer Gegend vertraut und durch zwar komplizierte, aber trotzdem zwanglos-unverkrampfte Konversationssituationen an die deutsche Sprache herangeführt werden.

Nach ersten Gesprächen zwischen den Schüler_innen und unseren Gästen gab es eine kleine Jause und dann eine Hausführung, während welcher wir auch die Gelegenheit hatten, während Frau Winklers Unterricht in Kultureller Bildung einige Minuten einem Architekturworkshop mit dem renommierten Architekten Andreas Postner beizuwohnen, in dem es um preisgünstige Möglichkeiten ging, für Flüchtlinge und junge Vorarlberger Holzhäuser zu bauen.

Am Ende des spannenden und intensiven Nachmittags bekamen alle unsere Gäste Mappen, in die wir Steckbriefe, Dialoge und Bildwörterbücher in ihren jeweiligen Sprachen geheftet hatten, mit der Bitte, bis nächste Woche einen schönen Steckbrief zu gestalten. Die Schüler_innen haben teilweise schon Telefonnummern mit ihnen ausgetauscht, um auch in der Freizeit herumhängen zu können und sie auch in die Movie Nights mitzuschleppen. 

Nächste Woche findet am Mittwochnachmittag die nächste Einheit in der lesBAR statt. Auch dafür haben sich wieder einige interessierte Schüler_innen aus verschiedenen Oberstufenklassen vorangemeldet. Die jungen Flüchtlinge freuen sich schon sehr auf weitere Begegnungen und auf die Chance, endlich Deutsch zu lernen und nach monatelangen Fluchtbewegungen, großer Unsicherheit und Lethargie etwas „Alltag“, Routine und freundliches Miteinander zu erleben. Diese Menschen haben ihre Familien verloren oder in ihren Heimatländern zurückgelassen und haben Dinge erlebt, die wir uns gar nicht (mehr) vorstellen können. Ein kleines bisschen Zeit und Verständnis für sie zu haben, ist das Mindeste, was wir für sie tun können.

Wie geht es weiter?

Längerfristig werden wir versuchen, Teams von je fünf bis sechs Schüler_innen und zwei Lehrpersonen zu bilden, die alternierend an Mittwochnachmittagen die Betreuung dieser jungen Menschen übernehmen können, um in ungezwungener Atmosphäre an ihrem Grundlagendeutsch (schriftlich und mündlich) zu arbeiten. 

Für die Bibliothek werden Wörter-, Sprach-, Sach-, Jugend- und Bilderbücher und Romane, dazu noch Filme und Dokumentationen zu den Schwerpunkten Flucht, Migration, Interkulturalität, Rassismus, Religion, Begegnung und (In)Toleranz gekauft. Danke an alle, die sich an dieser Anschaffungsaktion beteiligen. In den nächsten Wochen werden allen Schüler_innen, Lehrer_innen und interessierten Eltern diese Bücher zugänglich gemacht werden.

Zusätzlich dürfen die Jugendlichen an unserem Freifachangebot teilnehmen. Die Professoren Bloderer und Wehinger haben sich weiters bereit erklärt, sie in Stomp- und Stencil-Projekte zu involvieren, Frau Pecoraro und Herr Schacherl werden Gitarrengrundkurse anbieten. Professor Winkler hat eine großartige Idee für eine gemeinsame Theateraufführung und wird versuchen, die notwendige finanzielle Unterstützung dafür zu erhalten. Die 5ka meint, man könnte in diesem Zusammenhang auch ein „Fest der Begegnung und Kulturen“ organisieren, das die Schüler_innen gerne mitorganisieren würden. Nicht zu vergessen das Flüchtlingszelt, das Kollegin Juen mit ihren Schülerinnen strickt.

Jede Initiative und jeder Vorschlag, der zusätzlich von Seiten der Eltern, Lehrer_innen und Schüler_innen kommt, (z.B. Wintersachensammelaktion), ist sehr willkommen.

Vorerst ergeht unser Dank an Annett Böttner und die Caritas, an Direktor Abl für seine Bereitschaft, den Flüchtlingen die Türen unserer Schule zu öffnen, an jene Kolleg_innen, die sich sehr schnell für diese Sache erwärmen konnten und natürlich auch an die vielen Schüler_innen, die mit ihrer Begeisterung und ihrem Einsatz dieses Projekt überhaupt erst ins Laufen gebracht haben.

Wir möchten in diesem Sinne mit Direktor Abls Worten schließen: „Es geht nicht darum, ob wir helfen wollen. Es geht darum, dass wir es müssen.“

Angelika Kaufmann
Jürgen Schacherl